Hochsensibilität oder ADHS

Wenn Kinder in der Schule, besonders in der Grundschule, Schwierigkeiten mit der Konzentration haben, so wird häufig die Diagnose ADS (Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom) oder ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätssyndrom) gestellt.

Es ist verständlich, dass viele Eltern unsicher sind, ob diese Diagnose richtig ist. Andererseits ist der Leidensdruck von Eltern und Kindern oft schon vor der Diagnose beträchtlich. Das Label ‘ADHS’ kann als zusätzlich belastend oder gar niederschmetternd erlebt werden. So eine Diagnose wird von so manchen Eltern nicht einfach hingenommen. Eltern suchen nach alternativen Erklärungsansätzen für die Konzentrationsschwierigkeiten ihres Nachwuchses. Umso mehr, als bei ADS und noch häufiger bei ADHS oft Psychopharmaka verschrieben werden. Diese müssen dann oft jahrelang oder gar Jahrzehnte lang genommen werden und sind sowohl wegen ihrer Wirkungen als auch wegen ihrer Nebenwirkungen umstritten. Trotzdem wird die Diagnose samt Medikation von Jahr zu Jahr häufiger angewandt.

Lesen Sie dazu mehr im Artikel “Fehldiagnose ADHS” auf “Die Welt” online.

Experten schätzen die Anzahl der Kinder, die tatsächlich ADHS haben, sehr unterschiedlich ein: zwischen 2 % und 12 % sollen es angeblich sein. Immer wieder fragen Eltern, ob es sein könnte, dass ihr mit ADHS diagnostiziertes Kind einfach nur hochsensibel ist?
Darum widmen wir uns hier den Fragen:
Was sind die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Hochsensibilität und ADHS?
Und warum ist das wichtig?

Hohe Sensibilität, Hochsensibilität oder ADHS?

Viele betroffene Eltern entdecken das Konzept bzw. den Wesenszug ‘Hochsensibilität’. Oft entsteht dann die Hoffnung, das eigene Kind hätte nicht ADS, sondern sei ‘nur’ hochsensibel. Kein Wunder, dass an uns häufig die Frage gestellt wird, woran man erkennen könnte, ob das eigene Kind hochsensibel ist und vielleicht gar nicht ADHS hat.  Diese Frage ist umso verständlicher, da sowohl bei ADS und ADHS als auch bei Hochsensibilität von einer “erhöhten Reizoffenheit” als zentralem Merkmal die Rede ist.

Hochsensibilität oder ADHS: Wir vom Verein können dazu keine allgemeingültigen Aussagen machen. Wir können Ihnen aber aufgrund unserer langjährigen Erfahrungen Hinweise geben. Auch diejenigen in unserem Netzwerk, die eine therapeutische oder medizinische Ausbildung haben, können selbstverständlich keine Aussagen über Fremde machen, und seien die Symptome noch so gut beschrieben. Unsere Meinung, ganz allgemein gesagt, ist folgende: Wir sind der Meinung, dass es sich um zwei verschiedene Phänomene handelt.

Was sind die wichtigsten Unterschiede?

Es gibt nämlich einen sehr großen Unterschied: ADS und ADHS sind ja dadurch charakterisiert, dass die Konzentration schwerfällt, und zwar sehr häufig oder immer.  Ein ADS-oder ADHS-Kind kann sich auch in einem friedlichen Umfeld nur schwer oder kaum konzentrieren, auch dann nicht, wenn es sich wirklich konzentrieren möchte. HSP hingegen gelingt es oft sehr gut, sich zu konzentrieren, oft sogar überdurchschnittlich gut. Zumindestens bei ihren eigenen Interessensgebieten können sie sich ganz großartig und ausdauernd konzentrieren.

Jedoch kommt es – wenn auch sehr selten – vor, dass hochsensible Kinder ähnliche Symptome wie ADHS zeigen (Unruhe, leichte Ablenkbarkeit, Hyperaktivität). Dies besonders dann, wenn sich HSP-Kinder in akutem Stresssituationen befinden oder wenn sie traumatisiert sind. Oder manchmal auch dann, wenn sie sich akut überfordert und/oder abgelehnt fühlen. Gelegentlich (aber wirklich sehr selten!) zeigen hochsensible Kinder dieses Verhalten auch, wenn sie sehr gelangweilt sind, etwa aus Unterforderung, oder wenn sie sich für etwas ganz und gar nicht interessieren.

Darüber hinaus ist es gut möglich, dass jemand sowohl hochsensibel ist als auch ADHS hat. Das eine schließt das andere weder ein noch aus. Wir wissen, dass dieses Thema sehr heikel ist, und betroffene Eltern ebenso wie Kinder stark unter Druck stehen. Wenn Ihr Kind mit ADS oder ADHS diagnostiziert ist, und Sie sich nicht sicher sind, ob Ihr Kind hochsensibel ist, so empfehlen wir, all die Ratschläge, die sich für hochsensible Kinder bewährt haben, für Ihr Kind anzuwenden. Dazu gehören z.b.:

  • Häufig und regelmäßig ruhige Zeit zu Hause, ohne Fernseher oder andere Medien, sondern mit freiem Spiel und Gelegenheit zu Kontakt und Austausch – aber ohne jeden Druck.
  • Regeln, Routine und Rituale, z.B. in der Früh, beim Essen, beim Schlafengehen
  • Förderung der Kompetenz, altersentsprechend – z.B. ein Hobby finden, das dem Kind wirklich entspricht und Freude macht, in dem es spielerisch Kenntnisse erwirbt
  • u.v.m.

Weiterführende Informationen

Viele ausgewählte Tipps und weitere Informationen finden Sie auf den Infoblättern speziell für Kinder auf unserer Webseite unter ‘Infos’. Empfehlenswert sind auch die Bücher ‘Empfindsam erziehen‘ von Julie Leuze sowie von Elaine Aron ‘Das hochsensible Kind’. Falls Ihr Kind nicht hochsensibel sein sollte, schaden ihm die Tipps und Anregungen sicher nicht, denn sie tun allen Kindern gut.

Wenn Sie sich mit dem Thema ADHS eingehender befassen möchten, so empfehlen wir die Webseite “ADHS – bei Kindern und Erwachsenen” als ersten Einstieg. Dort finden Sie eine gute Einführung sowie eine gute Auswahl an weiterführender Literatur.